Rekonstruktionen
Ein wichtiger Bestandteil des Langfristvorhabens ist die virtuelle Simulation von Schiffsdaten und die Erstellung von Polardiagrammen anhand von maßstabsgetreuen Modellen. Das heißt: Verschiedene Schiffe werden nicht nur virtuell 3D-rekonstruiert, sondern auch maßstabsgetreu nachgebaut. Zum einen wird bei der Erhebung von Leistungsdaten zu römischen Handelsschiffen auf die 1:1-Rekonstruktion „Bissula“ zurückgegriffen (mehr dazu siehe unter dem Punkt „Datenanalyse“). Zum anderen werden insgesamt vier Modelle von römischen Handelsschiffen virtuell simuliert und als Modell nachgebaut. Der 1:3-Nachbau der Bissula, auf den Namen Bissulina getauft, wird bereits seit Sommer 2022 an der Universität Trier intensiv getestet (mehr dazu siehe unter „Datenanalyse“) und dient als wichtiges Referenzmodell zur Kalibierung der Übertragbarkeit der Segeldaten auf die Originalgröße. Im weiteren Projektverlauf kommen noch verkleinerte Modelle der Wracks „St. Gervais“, „La Madrague de Giens“ und „La Bourse“ hinzu.
Mit den 3D-Modellen können die Widerstandswerte der Schiffsrümpfe mittels CFD-Simulation ermittelt werden. Ergänzt werden diese Daten mit den auf Mosel und umliegenden Gewässern erhobenen und ausgewerteten Leistungsdaten zu einem Polardiagramm. Mithilfe der hier gewonnenen Leistungsdaten soll der DIMAG-Atlas im Laufe des Projektes um weitere Schiffstypen ergänzt werden.
Die 1:1-Rekonstruktion „Bissula“
Das wichtigste Instrument für die Ermittlung der Leistungsfähigkeit antiker Segelschiffe stellt die 1:1-Rekonstruktion der Bissula, eines Schiffes vom Typ Laurons II, dar. Mit den hier gewonnen Messdaten wird DIMAG in der ersten Phase primär arbeiten. Die Bissula ist mit knapp 16 Metern Länge, etwas über 5 Metern Breite und circa 100qm Segelfläche ein etwas kleinerer aber weit verbreiteter Vertreter römischer Frachtsegler. Ihr errechnetes Ladevolumen beträgt bis zu 30 Tonnen. Weiterführende Informationen zum Schiff finden sich unter www.roemerschiffe.de .
Die 1:3-Rekonstruktion „Bissulina“
Die Bissulina wurde im August 2022 gewassert und wird seitdem auf der Mosel im selben Streckenabschnitt wie ihr großes Schwesterschiff Bissula auf ihre Segeleigenschaften getestet. Die Bissulina wurde anders als ihr großes Pendant nicht an der Universität Trier, sondern durch den Bootsbaumeister Matthias Helterhoff in Krummin gebaut. Da es bei dem 1:3-Modell primär um die Prüfung der Übertragbarkeit der Ergebnisse der Bissula geht, sind beim Bau mehr Kompromisse erfolgt als bei der 1:1-Rekonstruktion, was sich beispielsweise am vereinfachten (sprich: pragmatischen) Decksaufbau zeigt.
Die Bissulina ist von drei Personen steuerbar, in der Praxis ist zur besseren Schlepptauglichkeit und zur laufenden Überprüfung der Messelektronik ein viertes Besatzungsmitglied an Bord. Auf dem Schleppboot selbst sind nochmal zwei Mann Besatzung nötig, sodass zur Erprobrung der Bissulina genauso viel Personen notwendig sind wie bei Fahrten der Bissula.
3D-Simulationen
Bereits im DFG-Vorgängerprojekt „Laurons 2“ konnten anhand einer virtuellen Rekonstruktion die Widerstandswerte des Schiffsrumpfes in einem Strömungsmodell mittels CFD-Simulation virtuell ermittelt werden. Auch wenn die Segeleigenschaften nicht simuliert werden können – was von großem Vorteil wäre, da so Nachbau und Testung von Modellen entfallen würde –, geben die virtuellen Rekonstruktionen durch die Widerstandsbeiwerte bereits viel Aufschluss über die Leistungsfähigkeit von antiken Segelschiffen, besonders im Vergleich der verschiedenen Typen untereinander.